Lesezeichen am Stück Nummer 9
Der Blick
S.167

Die hinter dichten Regenwolken verborgene Sonne war an diesem zweiten Tag der Belagerung schon auf halbem Wege zwischen ihren höchsten Stand am Mittag und den Baumwipfeln Richtung Fons.

„Sie wird kommen, Atréju. Sie ist uns bisher immer zur Hilfe gekommen, wenn wir in Not waren und sie wird uns auch dieses Mal nicht im Stich lassen.“ Obwohl er an seine eigenen Worte glaubte, durchfuhr Niklot dennoch beunruhigt seinen Rauschebart, während er auf den Jungen herunter sah. Atréju lag auf der Erde direkt hinter der hölzernen Palisade, die das gesamte Gehöft umschloss. Er spähte zwischen der sicher verschlossenen Pforte und dem ersten starren Pfosten, unterhalb des Scharniers auf den schlammigen Vorplatz. Überall lungerten sie herum. Sie saßen auf den Stämmen gefällter Bäume oder um schwach lodernde Grubenfeuer. Immer wieder machte sich einer von ihnen einen Spaß daraus einen Pfeil oder zu mindestens Hohn und Spot in ihre Richtung abzufeuern.

„Glaubst du wirklich, dass sie kommt?“ Atréjus Stimme klang traurig mit Rissen in der Hoffnung. „Wenn sie erst mit Feuerpfeilen angreifen, wird ihre Hilfe uns kaum noch retten können.“ Niklot hockte sich hin und legte ihm seine beruhigende Hand auf die Schulter. „Wenn du in einigen Tagen deinen zehnten Geburtstag feierst, wird dich nichts mehr an unsere momentane Situation erinnern.“ Ein zweifelnder Brummton, der Atréjus Kehle herauf rollte, war alles was er als Antwort erwiderte.

Einer der Banditen kam näher ans Tor. Er blieb bei einem der beiden Kühe stehen, die von Pfeilen getroffen tot zusammen gebrochen waren, bevor sie den sicheren Stall auf dem Gehöft erreichen konnten.

Er pöbelte im höchsten Maße erniedrigend und das zum Gelächter seiner schäbigen Weggefährten. Atréju wollte sich gerade angewidert abwenden als der Mann einen erbärmlichen Schmerzensschrei ausstieß. Als er genauer hinsah, brachte ein zweiter Pfeil einen Halunken auf ewig zum Schweigen.

„Jetzt“. Niklot sah nun ebenfalls durch den schmalen Spalt auf den Ort des Geschehens. „Jetzt ist Akinna da. Jetzt wird jeden der Tod ereilen, der dumm genug ist nicht schnell genug das Weite zu suchen.“